Elfriede Jelinek für Christoph Schlingensief für “Gedenken 3000″, 6. November 2010, Volksbühne Berlin
Elfriede Jelinek für Christoph Schlingensief für “Gedenken 3000″, 6. November 2010, Volksbühne Berlin
“Der Gesamtkünstler Christoph Schlingensief” kürzlich im Praesens Verlag erschienen.
(ISBN 978-3-7069-0592-3)
1987 bin ich Christoph Schlingensief zum ersten Mal begegnet, als er mich für seinen Film Schafe in Wales engagierte. Damals war er noch ziemlich unbekannt und auf den ersten Blick wirkte er auf mich wie ein gut aussehender, bürgerlicher junger Mann mit Manieren, der Wunschtraum jeder Schwiegermutter. Hinter dieser bürgerlichen Fassade steckte allerdings ein großer Verführer, der mich mit seinem überwältigenden Charme zu den verrücktesten Selbstentäußerungen trieb, wie ich es seit meiner Zeit mit Rainer Werner Fassbinder nicht mehr erlebt hatte. Nach Fassbinder, mit dem ich einen prägenden Lebensabschnitt von 1966 bis zu seinem Tod im Juni 1981 zusammen war und dem ich meine ganz persönliche „Education sentimentale“ in künstlerischer wie persönlicher Hinsicht verdanke, zog mich die Arbeit mit Christoph in der Folge in einen ähnlich faszinierenden Sog aus Lust, Angst und Neugier. mehr…
Jüdische Gräber im 12. Jahrhundert tragen das Emblem eines Hasen. Das Symbol auf den Steinen fiel Oberrottenführer Hartmut Mielke auf, als seine Kolonne im Jahr 1943 Jüdische Friedhöfe in Mitteldeutschland applanierte, damit an diesen Orten Wasserbecken für Löschfahrzeuge eingerichtet werden konnten. Das Motiv wiederholt sich auf Grabsteinen des 17. Jahrhunderts: lang hingestreckte, „schlafende“ oder „erschlagene“ Hasen.
Dies stand im Gegensatz, das wußte der Oberrottenführer, der im Privatberuf Heimatkundler war, zu heidnischen Hasen-Darstellungen im keltischen Bereich südlich der Rhön. Hier sind Hasen auf Opfersteinen dokumentiert, nicht auf Gräbern. mehr…
Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir. Bühneninstallation des Fluxus-Oratoriums von Christoph
Schlingensief im Deutschen Pavillon, Altaransicht mit Filmprojektion
Foto: (c) Roman Mensing, artdoc.de
Audio: Begräbnis
Terror 2000 (Intensivstation Deutschland), Deutschland, 1991/92, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Audio: Bei Tisch
100 Jahre Adolf Hitler (Die letzte Stunde im Führerbunker), Deutschland, 1988/89, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Audio: Peter Pannes Geburt
United Trash, Deutschland 1995/96, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Audio: “Epilog: DER WAHN DES EGOMANEN oder DER BEDINGUNGSLOSE GEHORSAM DER SEELE” (Ausschnitt)
Egomania – Insel ohne Hoffnung (Das größte Liebesdrama aller Zeiten), Deutschland, 1986, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Audio: Titelmusik (Helge Schneider)
Menu Total, Deutschland, 1985/86, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Audio: Grenzkontrolle
Das deutsche Kettensägenmassaker (Die erste Stunde der Wiedervereinigung), Deutschland, 1990, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451
Sonntag, 22. August 2010, acht Uhr. Von der gestern eingetroffenen, letztlich dann doch überraschenden Todesnachricht benommen, schaue ich nach nur wenigen Stunden Schlaf in die Morgensonne, kleiner großer Skorpion-Bruder, und komme in meiner Trübsal nicht weiter. Wie gelähmt denke ich immer wieder, was uns Bazon Brock ins Stammbuch geschrieben hat: Der Tod, diese verdammte Scheiße, muss endlich aufhören. In wenigen Wochen sollte Dein 50. Geburtstag stattfinden, das Operndorf-Projekt in Afrika wollte weitergeführt werden und natürlich hattest Du gehofft, im kommenden Jahr höchstpersönlich in Venedig sein zu können, um dort den deutschen Biennale-Pavillon zu bespielen. Eine Ehre wäre es für Dich gewesen, die Nation zu vertreten und sie zugleich zu irritieren, zu fordern, zu provozieren. mehr…
Vom 6. bis 10. April 2011 veranstaltet das Elfriede-Jelinek-Forschungszentrum in Kooperation mit der Kunsthalle Wien und Thyssen-Bornemisza Art Contemporary das interdisziplinäre Symposium Der Gesamtkünstler Christoph Schlingensief.
Innerhalb des Symposiums werden Schlingensiefs künstlerischer Anspruch und theatrale Ästhetik sowie die Form seiner Arbeiten, die Vernetzung der Künste und die dadurch entstehenden medialen Verdichtungen und Kollisionen diskutiert.
Weitere Informationen zum Programm wie zum Veranstaltungsort erfahren Sie unter https://www.elfriede-jelinek-forschungszentrum.com/veranstaltungen/schlingensief-symposium-2011/.
1984 hatte ich es leid, beim Schreiben über Filme den Markttermin zu bedienen. Kein Starttermin? Dann kein Text! Da kam es mir zupass, dass in Hamburg sich das Abaton-Kino die Reihe Unbekannte Filme von unbekannten jungen deutschen Regisseuren ausgedacht hatte. Ich ging hin, neugierig auf einen Film, irgendeinen, und ohne den Zwang, einen Text abliefern zu müssen. „Tunguska – Die Kisten sind da“ von einem Menschen, dessen Namen ohne anzustoßen auszusprechen, mir mit der Zeit gelingen sollte. Schlingensief. mehr…
Patti Smith und Christoph Schlingensief im Gespräch über Kunst und Religion, Haus der Kunst, 14. Dezember 2008, Foto: Marion Vogel, © Haus der Kunst