Upload: 23.08.2011

Irm Hermann: Von der Berliner Republik bis Mea Culpa

1987 bin ich Christoph Schlingensief zum ersten Mal begegnet, als er mich für seinen Film Schafe in Wales engagierte. Damals war er noch ziemlich unbekannt und auf den ersten Blick wirkte er auf mich wie ein gut aussehender, bürgerlicher junger Mann mit Manieren, der Wunschtraum jeder Schwiegermutter. Hinter dieser bürgerlichen Fassade steckte allerdings ein großer Verführer, der mich mit seinem überwältigenden Charme zu den verrücktesten Selbstentäußerungen trieb, wie ich es seit meiner Zeit mit Rainer Werner Fassbinder nicht mehr erlebt hatte. Nach Fassbinder, mit dem ich einen prägenden Lebensabschnitt von 1966 bis zu seinem Tod im Juni 1981 zusammen war und dem ich meine ganz persönliche „Education sentimentale“ in künstlerischer wie persönlicher Hinsicht verdanke, zog mich die Arbeit mit Christoph in der Folge in einen ähnlich faszinierenden Sog aus Lust, Angst und Neugier. Bei seinen Projekten mitzumachen, wozu er mich oft mit allem Charme überreden musste, hieß jedes Mal, eine Reise ins Unbekannte anzutreten, ins Chaos zu springen und zu hoffen, irgendwo unbeschadet herauszukommen. Es gab kein Buch, aber jede Menge anregender Texte, die ausprobiert und wieder verworfen wurden, Filmschnipsel, Gesprächsrunden, aus denen sich Szenen und Videoprojektionen zu einer multimedialen Collage entwickelten, die sich nach und nach immer mehr verdichtete.

In Berliner Republik an der Berliner Volksbühne bin ich das erste Mal in einem seiner Theaterstücke aufgetreten. Er hat immer selber mitgespielt, war Motor und Bindeglied in dem lockeren szenischen Verbund. Mit ihm als Animator konnte so ein Abend eigentlich nie schiefgehen. Wiederholungen langweilten ihn und so kam er auf die Idee, die Berliner Republik rückwärts zu spielen. Fünf Minuten vor der Vorstellung warf er die ganze Szenenfolge durcheinander und jeder Schauspieler musste selbst sehen, wie er die Übergänge kreativ zustande brachte. Es gab Löcher von quälender Peinlichkeit, in der das Publikum mitlitt, aber zugleich wunderbare Momente realistischer Spannung, wie sie sonst auf keiner Bühne zu erleben sind. Jede Arbeit mit ihm war immer höchste Herausforderung und man stand nie auf dem sicheren Boden einer fertigen Inszenierung. Ständig fielen ihm während der Vorstellung neue Sachen ein, auf die man reagieren musste, und wehe, man hat dabei gelacht, das mochte er gar nicht.

Er war Berserker und Magier zugleich. Großartig sein überraschender Auftritt in Atta Atta, wo ich gerade mit einer Blume in der Hand monologisiere und er plötzlich, mit weißem Puder bestäubt und einem riesigen Hirschgeweih auf dem Kopf, in spastischen Bewegungen auf mich zukommt, mich in eine Badewanne auf der Bühne wirft und mich „vergewaltigt“. Wenn das gemeinsame „Feeling“ auf der Bühne zwischen uns stimmte, war es wunderbar. Es spielte sich ja vieles auf der Ebene des Unbewussten ab – das war unaussprechlich. Diese Mischung von katholischem Apothekersohn und seinen „Abgründen“ war für mich oft erschreckend. Ich habe mich manchmal gefürchtet. Er hat jede Schwäche, ja Unbewusstheit, bei der Arbeit gespürt und benutzt. „Zeige deine Wunde“ war sein von Beuys übernommenes Credo, mit dem er nach seiner Krebsdiagnose in einer Arbeitswut und Lebendigkeit wie nie zuvor auch sich selbst infrage stellte und seine innere Befindlichkeit in Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir und Mea Culpa zum Thema machte. Lange Zeit, in der ich mit ihm zusammenarbeitete und mein Blick oft von den anstrengenden Begleiterscheinungen seiner Produktionen verstellt war, kam er mir gar nicht so groß vor, jetzt, wo er nicht mehr ist, sehe ich die Lücke und merke, dass er ein Riese war. Das würde ich ihm gerne noch sagen.

Irm Hermann für Christoph Schlingensief. Auszug aus der Publikation zum Deutschen Pavillon 2011, Kiepenheuer & Witsch (ISBN 978-3-462-04343-3).

Upload: 09.09.2011

Torsten Lemmer: Christoph wirkt!

Als äußerst rechtslastiger Musikproduzent mit Christoph Schlingensief zusammenarbeiten?
Geht das?
Ja, es geht! mehr…

Upload: 02.09.2011

Schorsch „Tuffi“ Kamerun: Das nennt man wohl Freiheit

„Der Christoph ist am Bahnhof die deutschen Nazis abholen.“ Das sagte mir die Pressefrau des Schauspielhauses Zürich auf Nachfrage. Die Stadt war in Aufruhr. Klarer Fall. Typisch. Hm, aber ist das eigentlich politisch? Wer das sofort genauer wissen wollte, hatte den Moment nicht verstanden. Denn in der ordentlichen Überprüfung solcher Schlingensief-Aktionen lag die Verlangsamung seines Schaffens. Umgekehrt: Das war sein ständiger Vorsprung. Weil er Sezierung für sich kaum zuließ. Er blieb dadurch immer einen Schritt schneller vor denen, die meinten, endlich ganz direkt und nah dran zu sein. Pustekuchen. Weil exakt in diesen Momenten kam die Drehung. Intuitiv, wenig konzeptionell. Und der Irrglaube, mit „guter Vorbereitung“ auf seiner Höhe zu sein, war noch falscher. Denn der Ballast der herananalysierten Annäherung musste dann erst mal wieder weggearbeitet werden, wenn es ganz plötzlich um was ganz anderes ging. mehr…

Upload: 21.06.2011

Ball des schlechten Geschmacks

Christoph Schlingensief, Wien, 1998. Ball des schlechten Geschmacks. Würstelstand am Burgring, am Weg zwischen Opernball und Ball des schlechten Geschmacks © Peter Rigaud

Upload: 06.06.2011

Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir

Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir. Bühneninstallation des Fluxus-Oratoriums von Christoph
Schlingensief im Deutschen Pavillon, Altaransicht mit Filmprojektion
Foto: (c) Roman Mensing, artdoc.de

Upload: 03.06.2011

Terror 2000

Audio: Begräbnis

Audio MP3
Dietrich Kuhlbrodt, Christoph Schligensief
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Dietrich Kuhlbrodt, Christoph Schligensief

Terror 2000 (Intensivstation Deutschland), Deutschland, 1991/92, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 03.06.2011

100 Jahre Adolf Hitler

Audio: Bei Tisch

Audio MP3
Brigitte Kausch (Eva Braun)
Bild 1 von 7

Brigitte Kausch (Eva Braun)

100 Jahre Adolf Hitler (Die letzte Stunde im Führerbunker), Deutschland, 1988/89, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 03.06.2011

United Trash

Audio: Peter Pannes Geburt

Audio MP3
Jones Muguse, Thomas Chibwe
Bild 1 von 10

Jones Muguse, Thomas Chibwe

United Trash, Deutschland 1995/96, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 02.06.2011

Egomania

Audio: “Epilog: DER WAHN DES EGOMANEN oder DER BEDINGUNGSLOSE GEHORSAM DER SEELE” (Ausschnitt)

Audio MP3
Tilda Swinton, Udo Kier
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Tilda Swinton, Udo Kier

Egomania – Insel ohne Hoffnung (Das größte Liebesdrama aller Zeiten), Deutschland, 1986, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 02.06.2011

Menu Total

Audio: Titelmusik (Helge Schneider)

Audio MP3
Helge Schneider
Bild 1 von 7

Helge Schneider

Menu Total, Deutschland, 1985/86, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 02.06.2011

Das deutsche Kettensägenmassaker

Audio: Grenzkontrolle

Audio MP3
Artur Albrecht
Bild 1 von 9

Artur Albrecht

Das deutsche Kettensägenmassaker (Die erste Stunde der Wiedervereinigung), Deutschland, 1990, Regie: Christoph Schlingensief © Filmgalerie 451

Upload: 09.05.2011

Settebello

Bayrle

Helke Bayrle für Christoph Schlingensief

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Upload: 23.04.2011

Filmplakat “United Trash”

© Filmgalerie 451, Gestaltung: Assmann/Stock

Upload: 11.04.2011

Über Bayreuth

Kluge

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Upload: 24.03.2011

Katzilein

Katzilein

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Upload: 17.03.2011

Via Intolleranza II

Die vorerst letzte Vorstellung von „Via Intolleranza II“ in München fand schon ohne Christoph Schlingensief statt, der krankheitshalber vorzeitig abreisen musste, und sie hat gezeigt: Es geht – leider – sogar ohne ihn. 90 konzentrierte Minuten über die kolonialen Zustände in allen Köpfen, Schlingensief und sein Team ebenso eingeschlossen wie die netten Afrikaner, die in Europa auch nur einen Agenten und Karriere suchen. Die Folie dafür sind ein paar Erinnerungszitate an Nonos „Intolleranza“, engagierte Opernavantgarde aus fernen Zeiten, da man noch genau wusste, wo Moral und Fortschritt marschieren. Die Debatte ist so gordisch wie ergiebig, und nachdem die Dilemmata in einer dichten Performance mehrfach in ihrer Ausweglosigkeit aufgerichtet, gewendet und wieder kollabiert sind, ist ein afrikanisches Bayreuth fast schon die logische Konsequenz. Am Ende sitzt das Schlingensief-Double hinter einer Scheibe, von einer Filmknister-Projektion umrauscht, klopft vorsichtig ans Glas und stellt die gute alte Vergeblichkeitsfrage aller Kunst-Kasper: „Schon wieder so eine komische Kunstaktion. Ist da wer?“ Achtung: Dies ist keine Schlingensief-Hommage, sondern eine bemerkenswerte Inszenierung!
Franz Wille

Eine Produktion der Festspielhaus Afrika gGmbH in Koproduktion mit Kampnagel Hamburg, dem Kunstenfestivaldesarts Brüssel und der Bayerischen Staatsoper München. In Kooperation mit dem Burgtheater Wien, Impulstanz und den Wiener Festwochen Uraufführung 15 Mai 2010

Theatertreffen Berlin 2011

Upload: 03.03.2011

Mein Filz, mein Fett, mein Hase

Documenta

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Upload: 28.02.2011

Schlingensief. Area 7

Area-73

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Upload: 17.02.2011

Horrorhaus

Horrorhaus

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Upload: 14.02.2011

Eine Zufallsbekanntschaft

1984 hatte ich es leid, beim Schreiben über Filme den Markttermin zu bedienen. Kein Starttermin? Dann kein Text! Da kam es mir zupass, dass in Hamburg sich das Abaton-Kino die Reihe Unbekannte Filme von unbekannten jungen deutschen Regisseuren ausgedacht hatte. Ich ging hin, neugierig auf einen Film, irgendeinen, und ohne den Zwang, einen Text abliefern zu müssen. „Tunguska – Die Kisten sind da“ von einem Menschen, dessen Namen ohne anzustoßen auszusprechen, mir mit der Zeit gelingen sollte. Schlingensief. mehr…

Upload: 07.02.2011

Christoph Schlingensief über Richard Wagner

Kluge_CS_Wagner1

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Upload: 03.02.2011

Der Verschwender

JelinekBerlinVolksbuehne


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Upload: 01.02.2011

“Animatograph”. Area 7

Area7_Bild_klein

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